Studienregistrierung

Clinical trials 01VSF18004

BEVOR

Patienten-relevante Auswirkungen im Voraus Planen

Cluster-randomisierte Interventionsstudie in Seniorenpflegeeinrichtungen

Hintergrund

"Patientenverfügungen sind nach wie vor zu wenig verbreitet […] und oft nicht aussagekräftig für relevante klinische Szenarien …"

In einer alternden, zunehmend chronisch multi-morbiden Bevölkerung müssen medizinische Entscheidungen vielfach für Patientinnen und Patienten getroffen werden, die ihre Behandlungswünsche krankheitsbedingt selbst nicht (mehr) äußern können. Trotz gesetzlicher Verankerung im Jahr 2009 sind Patientenverfügungen nach wie vor zu wenig verbreitet, oft nicht aussagekräftig für relevante klinische Szenarien (insbesondere Notfallbehandlungen), von fragwürdiger Validität, bei Bedarf nicht zur Hand und bleiben vom Personal häufig unbeachtet. 

Aufgrund der fehlenden effektiven Vorausplanung kann es bei gesundheitlichen Krisen mit Verlust der Einwilligungsfähigkeit zu einer Fehl-, Unter- oder Übertherapie und einer Fehlallokation von Gesundheitsressourcen kommen oder auch zu einer Unterversorgung infolge Diskriminierung. Zudem resultieren belastende Entscheidungssituationen für Angehörige sowie für das Gesundheitspersonal.

Studienziel

"…ob die Einführung dieses ACP-Programms dazu führt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner [...] so beahndelt werden, die das ihren Wünschen entspricht""

Die Studie untersucht die Effektivität des in Deutschland entwickelten und hinsichtlich seiner Machbarkeit in einer Vorstudie wissenschaftlich evaluierten ACP-Programms der Deutschen interprofessionellen Vereinigung Behandlung im Voraus Planen e.V. (DIV-BVP), einer Weiterentwicklung des in einer Feasability-Studie erfolgreich validierten ACP-Programms beizeiten begleiten. Ziel der Studie ist zu prüfen, ob die Einführung dieses ACPProgramms dazu führt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der teilnehmenden Einrichtungen vermehrt so behandelt werden, wie das ihren Wünschen entspricht.

Studiendesign

"Es handelt sich um eine prospektive, multi-zentrische cluster-randomisierte Interventionsstudie (cRCT). Cluster sind die Pflegeeinrichtungen, Beobachtungseinheiten die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen."

Es handelt sich um eine prospektive, multi-zentrische cluster-randomisierte Interventionsstudie (cRCT). Cluster sind die Pflegeeinrichtungen, Beobachtungseinheiten die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen. Dazu werden (nach Abzug der erwarteten Dropouts) 40 Pflegeeinrichtungen mit im Mittel je 80 Bewohnerinnen und Bewohner in Interventions- und Kontrollgruppe randomisiert. Die Einrichtungen der Interventionsgruppe erhalten die ACP-Intervention. Die Einrichtungen der Kontrollgruppe erhalten Usual Care (sowie nach Ende der Beobachtungsdauer ebenfalls ACP im Sinne einer Delayed Intervention). Zu Beginn und am Ende der 21-monatigen Beobachtungsdauer werden die klinischen Endpunkte zwischen den beiden Gruppen über den jeweils zurückliegenden 12-Monats-Zeitraum verglichen.

Entsprechend den Empfehlungen des Medical Research Council für komplexe Interventionen (2019) evaluiert eine begleitende Prozessevaluation ausgewählte Prozesse im Rahmen der Intervention. Zudem erfolgt eine gesundheitsökonomische Evaluation.

Endpunkte

"Der primäre Endpunkt ist eine Reduktion der Krankenhauseinweisungen."

Der primäre Endpunkt ist eine Reduktion der Krankenhauseinweisungen. Hinweis: Das durch ACP angestrebte Ergebnis, nämlich die Übereinstimmung der durchgeführten mit der gewünschten Behandlung (Goal-Concordant Care), lässt sich aus methodischen Gründen in einer Interventionsstudie im Vergleich zu Usual Care nicht belastbar erfassen:

  • die Behandlungswünsche in der Kontrollgruppe werden bis zuletzt meist nicht bekannt sein
  • auf Ebene der Bewohnerinnen und Bewohner ist gemäß der Erfahrung aus Vorstudien mit einer Partizipationsrate von < 50% zu rechnen, was die Repräsentativität der Ergebnisse in Frage stellt.

Daher wird als primärer Endpunkt mit einer anonymen Vollerhebung der Hospitalisierungsrate aller Bewohnerinnen und Bewohner ein Surrogatparameter verwendet, von dem empirisch bekannt ist, dass er in dieser Zielgruppe durch die Intervention häufig im Sinne einer Reduktion beeinflusst wird. Ob damit auch die eigentliche Interventionsabsicht einer vermehrt patienten-zentrierten Entscheidungskultur erreicht wurde, wird sich erst in einer Zusammenschau des primären Endpunktes mit den nachstehend genannten sekundären Endpunkten zur Übereinstimmung von durchgeführter und gewollter Behandlung beurteilen lassen, für die im Rahmen einer separaten, auf Einwilligung beruhenden Auswertung die Patientenakten analysiert werden.

Sekundäre Endpunkte und die gemäß Studienhypothese erwarteten Veränderungen sind:

  • eine höhere Rate von Bewohnerinnen und Bewohner, deren Behandlungswille (a) bekannt ist und (b) bei prädefinierten kritischen Behandlungsentscheidungen Beachtung findet
  • eine erhöhte Wahrnehmung dieser Übereinstimmung (Betroffene, Angehörige, Pflegepersonen),
  • eine Reduktion ungewollter Krankenhaus-Tage,
  • reduzierte Raten ungewollter invasiver Behandlungen (Reanimationen, PEG-Sonden u.a.)
  • und eine Verlagerung des Sterbeorts vom Krankenhaus zur Pflegeeinrichtung

Intervention

"Kernelemente sind Qualifizierung von ACP-Gesprächsbegleiterinnen und ACP-Gesprächsbegleitern und Institutionelle und regionale Implementierung von ACP."

Die multimodale komplexe ACP-Intervention (vgl. Hintergrund) schließt folgende Kernelemente ein:

  • Qualifizierung von ACP-Gesprächsbegleiterinnen und ACPGesprächsbegleitern nach den Standards der Deutschen interprofessionellen Vereinigung Behandlung im Voraus Planen (www.div-bvp.de). Die qualifizierten ACP-Gesprächsbegleiterinnen und Gesprächsbegleiter sollen in der Folge in den Einrichtungen gemäß § 132g SGB V tätig werden.
  • Institutionelle und regionale Implementierung von ACP, insbesondere durch Qualifizierung von Hausärztinnen und Hausärzte, Fortbildung des ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals von Krankenhäusern und Rettungsdiensten, durch Informationsveranstaltungen für andere regionale Akteure sowie durch Unterstützung bei der erforderlichen Organisationsentwicklung der beteiligten Institutionen.

Projektfinanzierung/ -förderung

Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (Innovationsfond): 

  • Förderkennzeichen 01VSF18004
  • Fördersumme 2.526.614 €
  • davon Standort Düsseldorf 869.246€
https://innovationsfonds.g-ba.de/

Kooperationen / Verbund

Beteiligte Universtiäten, Studienzentren und Institute

Konsortialführung und Studienzentrum Düsseldorf

Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität

Studienzentrum Göttingen

Institut für Allgemeinmedizin & Klinik für Palliativmedizin, Universitätsmedizin Göttingen

Studienzentrum Halle

Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft & Institut für Geschichte und Ethik in der Medizin, Martin-LutherUniversität Halle (Saale)

Studienzentrum München

Klinik für Palliativmedizin, Klinikum der Universität München & Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin der LMU München

Methodik / Analyse

Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, UKE Hamburg

Gesundheitsökonomie

Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Centre for Health and Society (chs), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Beratung und Transfer Regelversorgung

Barmer Ersatzkasse

Projektleitung

Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen in der Schmitten
Kornelia Götze

kornelia.goetze@med.uni-duesseldorf.de